ARM-OS-Dev Teil 2 – Assembler 101

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Ziel

Hier sollen Grundlagen der ARM-Assemblerprogrammierung vermittelt werden (nur ARM, nicht Thumb). Im weiteren Verlauf des Tutorials wird der Assemblerteil jedoch so klein wie möglich gehalten.

Im Gegensatz zu x86 gibt es für ARM nur eine Syntax. Wer sich unter x86 bereits einigermaßen mit Assembler auskennt, der sollte keine Probleme haben, ARM-Assembler zu verstehen. Insgesamt ähnelt die ARM-Syntax eher der Intel- als der AT&T-Syntax, was zum Beispiel die Reihenfolge der Operanden angeht (im Allgemeinen zuerst das Ziel, dann die Quelle(n), wobei es bei Speicherbefehlen auch anders sein kann).

Begriffe

Eine Instruktion ist ein kompletter Prozessorbefehl, z. B. addiere 5 auf den Inhalt des Registers r0 (add r0, #5). Mit Instruktion kann sowohl die Assemblerdarstellung als auch der Opcode gemeint sein.

  • Der Opcode ist der binäre Maschinenbefehl, wie er vom Prozessor verstanden wird. Er wird meistens hexadezimal und byteweise geschrieben: e2 80 00 05 für unser Beispiel.
  • Der Operand sind die Daten, auf denen der Maschinenbefehl arbeitet. Das ist zum einen die Zahl 5 und zum anderen das Register r0.
  • Das Mnemonic ist der Assemblername eines Befehls, z. B. add.

Operanden

Als Operanden für Assemblerbefehle kommen nur drei verschiedene Arten in Frage:

  • Immediatewerte sind konstante Zahlen. Sie beginnen in Assembler mit #, wie im obigen Beispiel das #5.
  • Prozessorregister sind der Platz, wo Daten, mit denen gearbeitet wird, normalerweise liegen. ARM hat 15 Allzweckregister, die jeweils 32 Bit groß sind. Die Register befinden sich direkt im Prozessor, so dass sie viel schneller sind als Zugriffe auf Arbeitsspeicher.
  • Der Speicher ist schließlich, wo die meisten Daten liegen. Auf Speicher wird grundsätzlich über Adressen zugegriffen. Dabei gibt es folgende Möglichkeiten:
    • Indirekte Angabe über Register: ldr r0, [r1] liest die Adresse aus dem Register r1 und kopiert dann von dieser Adresse nach r0.
    • Indirekte Angabe mit Displacement: ldr r0, [r1, #8] liest wieder die Adresse aus r1, zählt aber noch 8 dazu, bevor es die Adresse verwendet.
    • Es geht noch mehr: ldr r0, [r1, r2, lsl #1] berechnet die Adresse als r1 + r2 << 1 (also r1 + r2 * 2).

Labels

S. x86-Reihe – allerdings wird bei ARM wie beschrieben kein $ für Immediates, sondern ein # verwendet. Zudem ist es einfach ein Syntaxfehler, falls man dieses Zeichen vergessen sollte, da Speicheradressen immer von eckigen Klammern umschlossen werden.

Daten

Befehl Erklärung
.byte 0xff 8-Bit-Daten
.2byte 0xffff 16-Bit-Daten
.4byte 0xffffffff 32-Bit-Daten
.8byte 0xffffffffffffffff 64-Bit-Daten
.space 256 256 Bytes freier Platz

Sektionen und Kommentare

S. x86-Reihe.

Register

Wie gesagt gibt es auf ARM 15 32-Bit-Allzweckregister, die von r0 bis r14 benannt sind. r15 ist theoretisch auch ein Allzweckregister, da man damit so gut wie alle Operationen vollführen kann, die auch mit den anderen 15 (r0 bis r14) möglich sind. Praktisch enthält r15 jedoch die Adresse des als nächsten auszuführenden Befehls (wenn man r15 liest, erhält man jedoch diesen Wert plus vier), sodass man darin keine Daten speichern kann. r13 wird im Allgemeinen als Stackpointer genutzt und r14 wird genutzt, um eine Rücksprungadresse von einer Funktion zu speichern. Der Befehl bl lädt so zum Beispiel den aktuellen Wert in r15 minus vier nach r14, sodass ein erneutes Laden von r15 mit r14 zur Stelle nach dem bl zurückkehrt.

Das Register r13 wird auch als sp (Stack Pointer) bezeichnet, r14 als lr (Link Register) und r15 als pc (Program Counter). Seltener werden r0 bis r3 als a1 bis a4, r4 bis r9 als v1 bis v6 (r9 manchmal auch als sb (Stack Base)), r10 als sl (Stack Limit), r11 als fp (Frame Pointer) und r12 als ip (Inter-Procedure call scratch register) bezeichnet. Dies hängt mit der ARM-Calling-Convention zusammen. r0 bis r3 werden zur Übergabe von Parametern an Funktionen verwendet und dürfen von den Funktionen frei verwendet werden; r4 bis r11 dürfen von einer Funktion nicht verändert werden; r12 ist wieder frei zur Benutzung (und r13 bis r15 haben spezielle Aufgaben).

Weiterhin gibt es noch das CPSR (Current Program Status Register), das Informationen zum aktuellen Prozessormodus und Flags enthält, die von arithmetisch-logischen Befehlen gesetzt werden. So setzt zum Beispiel der Befehl adds das Zero-Flag, wenn das Ergebnis der Addition 0 ist (Hinweis: Von vielen arithmetisch-logischen Befehlen gibt es zwei Versionen, eine, die die Flags setzt (adds) und eine, die sie unverändert lässt (add)). Neben dem CPSR gibt es noch das SPSR (Saved PSR), welches vom Prozessor verwendet wird, um bei Moduswechseln den Wert des CPSR zu sichern.

Befehlssatz

Hier folgt nun ein ähnlicher Abriss des Befehlssatzes wie in der x86-Reihe. Auch hier seien nicht viele Worte zu den möglichen Operandenkombinationen verloren: Speicheroperanden sind nur bei Speicherbefehlen erlaubt, und dann auch nur ein Speicheroperand pro Befehl. Bei allen anderen Instruktionen müssen Register oder Immediatewerte verwendet werden. Pro Instruktion ist maximal ein Immediateoperand zulässig. Immediatewerte dürfen nur maximal acht gesetzte Bit nebeneinander besitzen (0x00FF0000 und 0x0003FC00 sind zulässig, 0x000003FF jedoch nicht).

Zuweisungen und Stack

Befehl Erklärung
mov Ziel, Quelle Kopiert den Wert von Quelle nach Ziel
ldr/ldrh/ldrb Ziel, [Quelle] Lädt ein Word/Halfword/Byte aus dem Speicher (32/16/8 Bit)
str/strh/strb Quelle, [Ziel] Schreibt ein Word/Halfword/Byte in den Speicher
push {Registerliste} Legt den Wert auf den Stack; d. h. r13 wird um die Anzahl der Register in der Liste mal vier verringert und die Register werden so von der Stelle im Speicher an gespeichert, auf die r13 zeigt, dass niedrigere Register (r0) weiter unten als höhere Register (r14) liegen.
pop {Registerliste} Holt den Wert vom Stack; d. h. die Register werden von der Stelle gelesen, auf die r13 zeigt und dann wird r13 um die Anzahl der Register mal vier erhöht.

Hinweis: push {} und pop {} sind Aliasnamen für die Instruktionen stmdb r13!,{} und ldmia r13!,{}. Mit den ldm- und stm-Instruktionen (Load/Store Multiple) können mehrere Register hintereinander aus dem Speicher geladen oder hineingeschrieben werden. Der erste Operand gibt das Basisregister an, dessen Wert wird als Adresse verwendet. Nun gibt es folgende Varianten von ldm und stm: xxxda (decrement after), xxxdb (decrement before), xxxia (increment after) und xxxib (increment before). Bei ib wird die Adresse zuerst um vier erhöht, bei db um vier verringert. Dann wird ein Register an die Adresse geschrieben oder davon gelesen. Bei ia wird dann die Adresse um vier erhöht, bei da um vier verringert. Dies wird so lange getan, bis alle Register in den Speicher geschrieben oder von da gelesen wurden. Befindet sich hinter dem Basisregister im Befehl ein Ausrufezeichen, dann wird die am Ende resultierende Adresse ins Basisregister zurückgeschrieben.

Bei einem push wird r13 immer zuerst verringert und dann wird der Wert geschrieben, daher stmdb (Store Multiple, Decrement Before), bei pop wird zuerst der Wert gelesen und dann r13 erhöht: ldmia (Load Multiple, Increment After).

Arithmetik

Befehl Erklärung
add Ziel, Quelle 1, Quelle 2 Addiert Quelle 1 und Quelle 2 und schreibt das Ergebnis nach Ziel
sub Ziel, Quelle 1, Quelle 2 Subtrahiert den Wert von Quelle 2 von Quelle 1 und speichert das Ergebnis in Ziel
rsb Ziel, Quelle 1, Quelle 2 Subtrahiert Quelle 1 von Quelle 2 und speichert das Ergebnis in Ziel (rsb Ziel, Quelle, #0 schreibt den negativen Wert von Quelle nach Ziel)
mul Ziel, Quelle 1, Quelle 2 Multipliziert Quelle 1 mit Quelle 2 und schreibt das Ergebnis nach Ziel

Bitoperationen

Befehl Erklärung
and Ziel, Quelle 1, Quelle 2 Berechnet das bitweise AND der Quellen
orr Ziel, Quelle 1, Quelle 2 Berechnet das bitweise OR der Quellen
eor Ziel, Quelle 1, Quelle 2 Berechnet das bitweise XOR (exklusives Oder) der Quellen
mvn Ziel, Quelle Berechnet das bitweise NOT der Quelle
mov Ziel, Quelle, lsl Anzahl Schiebt den Wert der Quelle um Anzahl Bits nach links. Rechts wird mit Nullen aufgefüllt.
mov Ziel, Quelle, lsr Anzahl Schiebt den Wert der Quelle um Anzahl Bits nach rechts. Links wird mit Nullen aufgefüllt.
mov Ziel, Quelle, asr Anzahl Schiebt den Wert der Quelle um Anzahl Bits nach rechts. Links wird mit dem höchsten Bit von Quelle aufgefüllt.
mov Ziel, Quelle, ror Anzahl Rotiert den Wert der Quelle um Anzahl Bits nach rechts. Was rechts rausgeschoben wird, kommt links wieder rein.

Vergleiche und Sprünge

Um den Programmfluss zu steuern, gibt es in Assembler zwei Arten von Sprüngen. Die erste Art sind unbedingte Sprünge, sie entsprechen am ehesten einem goto in einer Hochsprache. Die zweite Art sind bedingte Sprünge, die benutzt werden, um ein if umzusetzen. Bedingte Sprünge führen den Sprung nur aus, wenn eine bestimmte Bedingung erfüllt ist. Die Bedingungen bestehen in einigen Bits im CPSR, die von vielen Befehlen automatisch gesetzt werden. Diese Bits sind:

  • Das Zero Flag: Ist gesetzt, wenn der letzte geschriebene Wert Null war
  • Das Carry Flag: Enthält den Übertrag bei vorzeichenlosen Operationen, wenn das Ergebnis zu groß ist, um vom Zieloperanden dargestellt werden zu können (bei Subtraktionen wird dieses Flag allerdings genau dann gesetzt, wenn kein Übertrag stattgefunden hat)
  • Das Overflow Flag: Enthält den Übertrag bei vorzeichenbehafteten Operationen, wenn das Ergebnis zu groß oder zu klein ist, um vom Zieloperanden dargestellt werden zu können
  • Das Negative Flag: Ist gesetzt, wenn des letzte Ergebnis negativ war
Befehl Erklärung
cmp Ziel, Quelle Subtrahiert Quell von Ziel, ohne das Ergebnis zu speichern. Es werden nur die Flags angepasst.
tst Ziel, Quelle Berechnet das bitweise AND von Quelle und Ziel, ohne das Ergebnis zu speichern. Es werden nur die Flags angepasst.
b Sprungziel Springt zum Sprungziel.
bl Sprungziel Legt die Adresse des nächsten Befehls nach r14 (sub r14,r15,#4) und springt zum Sprungziel (Funktionsaufruf).
b r14 Holt die Rücksprungadresse aus r14 und springt dahin zurück (Rücksprung aus einer Funktion).

Hinweis: Statt b r14 wird häufig bx r14 verwendet. Dies hat damit zu tun, dass bei Thumb-ARMs das niederwertigste Bit von r14 von bl gesetzt wird, wenn der Code im Thumbmodus ausgeführt wurde. bx liest dieses Bit und wechselt entsprechend in den Thumbmodus zurück, wenn es eins ist, sodass dann ein korrektes Zusammenarbeiten von Thumb- und ARM-Code möglich ist. Wenn man nur ARM-Code verwendet, kann man allerdings auch einfach b verwenden (wobei bx dann auch nicht schadet).

Bedingte Ausführung

Wie man sieht, gibt es keine speziellen Befehle für bedingte Sprünge. Das liegt daran, dass man auf ARM fast jeden Befehl bedingt ausführen kann, also je nachdem, welche Flags gesetzt sind. Dazu hängt man an den Befehlsnamen ein Suffix an, welches angibt, wann der Befehl ausgeführt werden soll:

Suffix Bedeutung Ausführung, wenn… Ausführung bei welchem cmp-Ergebnis
al Always Immer
eq EQual ZF=1 Gleichheit
ne Not Equal ZF=0 Ungleichheit
cs Carry Set CF=1 Vorzeichenlos größer oder gleich
cc Carry Clear CF=0 Vorzeichenlos kleiner
mi MInus NF=1 — (Wert negativ)
pl PLus NF=0 — (Wert nichtnegativ)
vs oVerflow Set VF=1 — (Vorzeichenüberlauf)
vc oVerflow Clear VF=0 — (kein Vorzeichenüberlauf)
hi HIgher CF=1 und ZF=0 Vorzeichenlos größer
ls Less or Same CF=0 oder ZF=1 Vorzeichenlos kleiner
ge Greater or Equal NF=VF Vorzeichenbehaftet größer oder gleich
lt Less Than NF≠VF Vorzeichenbehaftet kleiner
gt Greater Than NF=VF und ZF=0 Vorzeichenbehaftet größer
le Less or Equal NF≠VF oder ZF=1 Vorzeichenbehaftet kleiner oder gleich

Um einen bedingten Sprung auszuführen, verwendet man solch ein Suffix einfach mit der b-Instruktion (z. B. bne für Branch if Not Equal).

Oft gebrauchte Muster

…Gibt es auf ARM eigentlich nicht, unter anderem deshalb, weil alle Befehle gleich lang sind. Ein eor r0,r0,r0 ist genauso lang wie ein mov r0,#0.

Da man keine 32-Bit-Immediate-Werte laden kann (Opcodes sind nur insgesamt 32 Bit lang), behilft man sich, indem man den Wert entweder woanders speichert und per ldr lädt, oder indem man sie stückchenweise per mov und orr ins Register schiebt.

Aus einer Funktion wird wie beschrieben entweder mit bx r14 zurückgesprungen, oder, wenn r14 auf dem Stack gespeichert wurde (was nötig ist, wenn die Funktion eine andere Funktion aufgerufen hat), mit pop {r15}.

Beispiel

Eigentlich ist ein Beispiel hier relativ sinnlos, da kaum jemand einen ARM-Rechner haben wird, um es auszuführen, aber dennoch sei hier das Beispiel aus der x86-Reihe adaptiert:

.arm
.section .text
.global factorial

// Parameter in r0
factorial:
    // Die Fakultät von 0 ist 1 (Rückgabewert kommt nach r0)
    cmp     r0, #0
    moveq   r0, #1
    bxeq    r14

    push    {r4, r14}
    // Ansonsten rekursiv factorial für r0 - 1 aufrufen und hinterher
    // mit unserem r0 multiplizieren
    mov     r4, r0
    sub     r0, r0, #1
    bl      factorial
 
    // r0 enthält jetzt den Rückgabewert, der ursprüngliche Parameter ist in r4
    mul     r0, r4, r0
    pop     {r4, r15}

Das .arm am Anfang gibt übrigens an, dass ARM-Code generiert werden soll (.thumb wäre die Alternative).

Der C-Teil ist der gleiche wie in der x86-Reihe, zum Kompilieren kann mit der Toolchain aus dem ARM-Crosscompiler-Artikel folgende Zeile verwendet werden:

/usr/cross/arm/bin/arm-unknown-linux-gnu-gcc -o factorial main.c fact.S

Dies wird nur im Allgemeinen nicht funktionieren, da keine libc für ARM installiert sein wird. Um wenigstens die Objektdatei zu erhalten, genügt

/usr/cross/arm/bin/arm-unknown-linux-gnu-gcc -o fact.o -c fact.S